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Fallschirmspringen in der DDR – Teil 1

von Klaus H. Feder

Fallschirmsprungabzeichen sind weltweit ein begehrtes Sammlerobjekt. Im folgenden Beitrag sollen die Sprungabzeichen der DDR und zum Fallschirmsprung und Fallschirmsport gehörende Abzeichen vorgestellt werden.

Gesellschaft für Sport und Technik

Die Gesellschaft für Sport und Technik (GST) wurde im Ergebnis der 2. Parteikonferenz der SED (9. – 12. Juli 1952) am 7. August 1952 gegründet. So zu lesen in den Publikationen, die in der DDR erschienen sind.1, 2 Inzwischen ist bekannt, daß es sich (…) bei der Schaffung der GST um eine politische Zweckentscheidung der sowjetischen Parteiführung unter Stalin (…) handelte, die von der Führung der SED umgesetzt wurde.3, 4 Anfang April 1952 forderte Stalin von W. Pieck die vormilitärische Erziehung der Jugend der DDR in Vorbereitung auf die Gründung von Streitkräften. Im April/Mai 1952 wurden im Zentralkomitee der SED die ent- sprechenden Grundlagen erarbeitet, (…) um drei Organisationen zu schaffen, die in den Prozeß der verstärkten militärischen Sicherung der DDR einzuordnen sind und zu entsprechenden Regierungsverordnungen führen (…)5. Im Ergebnis der Beratungen entstanden:

  • am 25. Juli 1952 die Organisation „Dienst für Deutschland“
  • am 7. August 1952 die GST
  • am 23. Oktober 1952 das Deutsche Rote Kreuz (DRK).

Hauptaufgabe der GST war:

(…) die Bürger der DDR und vor allem die Jugend auf den Dienst zum bewaffneten Schutz der Arbeiter-und-Bauern-Macht vorzubereiten und ihnen militärische Grundkenntnisse zu vermitteln.6

Innerhalb der GST bestand die Möglichkeit zur Teilnahme an den Sportarten Geländesport, Militärischer Mehrkampf, Schießsport, Motorsport, See- und Tauchsport, Segelflug Motorflug, Fallschirmsport, Nachrichtensport (Funk-, Fernmeldeund Fernschreibtechnik), Modellsport (Flugmodell-, Schiffsmodell-,Automodellsport), Wehrkampfsport, Computersport und bis zur Ausgliederung aus der GST im Jahr 1961 auch an den Tiersportarten Reitsport, Dienst- und Gebrauchshundesport, Jagdsport, Taubensport. Die GST war für die Jugendlichen besonders attraktiv, weil hier Flug-, Fallschirmspringer- und Führerscheine relativ unkompliziert erworben werden konnten und nur hier die Möglichkeit zur Ausübung bestimmter Sportarten gegeben war. Vom 1. – 3. April 1955 wurden in Halle bereits die ersten Fallschirmsprunginstrukteure (Stufe III) ausgebildet. Von Mai bis Juli 1955 fanden zwei weitere Lehrgänge statt. Im Juli 1956 war in Neuhausen bei Cottbus ein Lehrgang der besten Fallschirmspringer der DDR, bei dem die Lizenz eines „Fallschirmsprung-lehrers“ erworben wurde. Hier fand auch der erste Fallschirmsprung aus einem sowjetischen Motorflugzeug statt. Bis dahin wurden alle Sprünge vom Sprungturm absolviert.7 Vom 12. – 22. September 1960 fanden in Görlitz die ersten Wettkämpfe im Fallschirmsport-springen statt. Am 20. Februar 1953 wurden die Bedingungen für den Erwerb von Leistungsabzeichen beschlossen, die 1954 erstmals verliehen wurden. Leistungsabzeichen für den Fallschirmsport waren noch nicht dabei.8 Der Fallschirmsport wurde von 1952 bis 1956 in gemischten Sektionen, zusammen mit dem Flugsport ausgeübt. Erst 1956 wurden eigenständige Sektionen für den Fallschirmsport gegründet.

 

Fallschirmsprungabzeichen,
gestickte Form (1955 -57)

Quellen:

1 Chronik zur Geschichte der Gesellschaft für Sport und Technik, Berlin 1987
2 Zeittafel zur Geschichte der GST, Berlin 1982
3 Ulrich Berger, Frust und Freude, Schkeuditz 2002
4 Paul Heider, Die GST (1952 – 1990), in Torsten Diedrich, Hans Ehlert, Rüdiger Wenzke, Im Dienste der Partei – Handbuch der bewaffneten Organe der DDR, Berlin, 1998
5 Ulrich Berger, a. a. O.
6 Chronik zur Geschichte der Gesellschaft für Sport und Technik, a. a. O.
7 Abenteuer Fallschirmspringen, Berlin 1973
8 Die Leistungsabzeichen der GST, Beilage der Zeitschrift „Sport und Technik“ Nr. 5/53, Berlin 1953

 

Auszug aus dem
Leistungsbuch für Fallschirmsport
(Archiv Scholtke)

Fallschirmsprungabzeichen

Bereits 1955 fanden Fallschirmsprünge vom Turm statt. Dabei wurde nach drei Sprüngen ein gesticktes Abzeichen verliehen, welches auf dem Sprunganzug getragen wurde. Eine Verleihung ist dokumentiert vom 12. Juli 1955.1957 wurde das offizielle Fallschirm-sprungabzeichen gestiftet. Es sollte von den Bezirksvorständen der GST nach mindestens drei Absprüngen verliehen werden. Aus vorliegenden Urkunden geht jedoch hervor, daß die Verleihungen durch den Zentralvorstand der GST erfolgten.9 Die Bedingungen für den Erwerb des Abzeichens änderten sich mehrfach.10 Es existieren Abzeichen mit transparenter oder opaker Emaille aus Eisen oder Buntmetall. Das Fallschirmsprungabzeichen wurde von 1957 bis 1990 verliehen.

 

Fallschirmsprungabzeichen
1957 – 90

Fallschirmsprungleistungs- bzw. Fallschirmsportleistungsabzeichen

Das 1957 in den Stufen Silber und Gold gestiftete Abzeichen wurde durch den Zentralvorstand der GST verliehen. 11 Das erste Abzeichen der Stufe Gold wurde am 25. März 1958, das der Stufe Silber am 17. Juli 1958 verliehen. Da die ersten Verleihungen zu offiziellen Anlässen erfolgten, lag meist zwischen der Erfüllung der Bedingungen und der Verleihung ein längerer Zeitraum.12 1960, mit der Einführung der Fallschirmsprungerlaubnis 13 wurde die Stufe Bronze eingeführt und am 22. September 1961 erstmals verliehen.14 Die erste Form der Leistungsabzeichen mit dem schwarzrotgelben Feld wurde von 1957 bis ca. 1963 verliehen. Die Abzeichen aus Eisen oder Buntmetall waren emailliert, anfangs rückseitig nummeriert. Anhand der bekannten Stücke kann davon ausgegangen werden, dass bei der Verleihung der Abzeichen der zweiten Form ohne schwarzrotgelbem Feld wieder mit der Nr. 1 begonnen wurde. Die Nummern wurden nachträglich eingeschlagen, wobei es häufig zur Beschädigung der Emaille der Vorderseite kam, deshalb entfiel ab 1965 die Verleihungsnummer auf den Abzeichen. Diese konnten nach Erfüllung der entsprechenden Bedingungen unabhängig von der Anzahl der Sprünge in Bronze, Silber oder Gold verliehen werden. Die Bedingungen änderten sich mehrfach.15

 

Fallschirmsprung- bzw.
Fallschirmsportleistungsabzeichen 1957/60-77

Seit ca. 1960 wurde das Abzeichen als Fallschirmsportleistungsabzeichen verliehen. Zum Leistungsabzeichen wurden goldfarbeneAnhänger mit schwarzen Sprungzahlen verliehen. Sie sind für alle Stufen gleich und enthalten auf Vorder- und Rückseite eine Zahl. Bei Erreichender nächst höheren Sprungzahl wurden die Anhänger gewendet. Sie konnten unabhängig von der Stufe des Leistungsabzeichens für die entsprechende Anzahl von Sprüngen verliehen werden. Es sind Anhänger mit folgenden Sprungzahlkombinationen bekannt: 30/40, 50/75, 100/125, 150/175, 200/250, 600/700 16 Offiziell wurde diese Ausführung bis 1977 verliehen. 1977 erfolgte eine Änderung der Form und es wurden neue Bestimmungen erlassen.17 Es konnten jetzt die Stufen Bronze, Silber, Gold sowie Gold mit einem, zwei bzw. drei Diamanten verliehen werden. Die Abzeichen waren rund, aus Eisen oder Buntmetall, lackiert mit Polyesterharzüberzug. Es existieren emaillierte Muster. Bei den ersten Abzeichen war die Fläche zwischen den Sprungleinen weiß. Die
letzten Ausführungen waren nicht mehr vergoldet oder versilbert sondern vermessingt oder vernickelt. 1986 erfolgte eine Präzisierung der Richtlinien für den Erwerb des Fallschirmsportleistungsabzeichens. 18

 

Urkunde zum
Fallschirmsportleistungsabzeichen
(Archiv Scholtke)

Diese Form wurde offiziell von 1977 bis 1990 verliehen. Die Unattraktivität der neuen Abzeichen führte dazu, dass die Fallschirmspringer sie nicht akzeptierten. Überwiegend wurden die Leistungsabzeichen der ersten Form angefordert, und soweit die vorhandenen Bestände ausreichten, auch bis 1990 weiter verliehen.

Die Verleihung der Sprung- und Leistungsabzeichen erfolgte:

  • 1955 – 56 durch den Zentralvorstand der GST, Sektion Flugsport
  • 1956 – 87 durch den Aeroklub der DDR
  • 1987 – 90 durch den Flug- und Fallschirmsportverband der DDR
 

Fallschirmsportleistungsabzeichen
1977-90

Quellen:

9 Statut zur Verleihung des Fallschirmsprungabzeichens in Bronze und des
Fallschirmsprungleistungsabzeichens in Silber und Gold mit Anhängern, Beilage der Zeitschrift
„Flügel der Heimat“ Nr. 12/57, Berlin 1957
10 Vergl.: Kleine Enzyklopädie Körperkultur und Sport, Leipzig 1960, 1962 und 1979
11 Statut zur Verleihung (…), a. a. O.
12 Kurt Scholtke, Calau, Mitteilung an den Verfasser vom 23.01.2003
13 Nach Bestehen einer Abschlußprüfung erhielt der Fallschirmspringer die staatliche „Fallschirmsprungerlaubnis“, die ihn berechtigte, eigenverantwortlich den Fallschirm zu packen und im Rahmen der Sicherheitsbestimmungen selbständig Fallschirmsprünge zu absolvieren.
14 Kurt Scholtke, Calau, Mitteilung an den Verfasser vom 23.01.2003
15 Vergl.: Kleine Enzyklopädie (…), a. a. O.
16 Frank Bartel, DDR-Spezialkatalog 1949 – 1990, Berlin 1998
17 Richtlinie für den Erwerb des Fallschirmsportleistungsabzeichens, Mitteilungsblatt des Aeroklubs Nr. 5/77, Berlin 1977
18 Richtlinie für den Erwerb des Fallschirmsportleistungsabzeichens, Fliegerrevue 3/87, Berlin 1987

 

Abzeichen
„Für vormilitärische und technische Kenntnisse“ –
Laufbahn Fallschirmjäger (1971-83)

Abzeichen „Für vormilitärische und technische Kenntnisse“

Bereits seit 1968 gab es in der GST Ausbildungsprogramme der vormilitärischen Ausbildung für die Laufbahn Fallschirmjäger der NVA, die 1969, 1973 und 1982 präzisiert wurden. 19 1971 wurde ein zweistufiges Abzeichen gestiftet und bis 1983 für die Laufbahnen mot. Schütze, Nachrichtenspezialist, Taucher, Fallschirmjäger, Matrosenspezialist, Militärkraftfahrer und Militärflieger verliehen. Die erste Stufe bestand aus der goldfarbenen Tragespange mit der Inschrift GST und wurde nach dem ersten Ausbildungsjahr von den Teilnehmern aller Laufbahnen getragen. Die zweite Stufe bestand aus dem zehneckigen Anhänger mit Symbol der jeweiligen Laufbahn. Diese konnte nach dem zweiten Ausbildungsjahr, dem Jahr der speziellen Laufbahnausbildung, verliehen werden.20 Für die einzelnen Laufbahnen gab es mit Beginn des Ausbildungsjahres 1987/88 gestickte Schlaufen für die Schulterklappen der Ausbildungsbekleidung. Die Lehrgangsteilnehmer erhielten diese am 1. Unterrichtstag, sie wurden während der gesamten Ausbildung getragen.

 

Gestickte Schlaufe
für Schulterklappe
(Laufbahn Fallschirmjäger)

Qualifizierungsabzeichen

1983 wurden in der GST neue Qualifizierungsabzeichen aus Buntmetall oder Eisen eingeführt. Für die Laufbahn Fallschirmjäger gab es ein einheitliches Qualifizierungsabzeichen, welches auch an die Laufbahnen mot. Schütze, Nachrichtenspezialist und Taucher verliehen wurde. In den Bedingungen für den Erwerb des Qualifizierungsabzeichens für die Laufbahn Fallschirmjäger hieß es:

 

Einheitliches Qualifizierungsabzeichen,
auch für Fallschirmjäger (1983-90)

Die Teilnehmer lernen Aufgaben und Verantwortung eines Fallschirmjägers kennen sowie Aufbau und Funktion des Fallschirms beherrschen. Aufgaben der Sprungvorbereitung, Sprungverlauf, Verhalten in besonderen Situationen sowie die gesetzlichen Bestimmungen über das Fallschirmspringen sind weitere Bestandteile des Programms, außerdem Einzelund Gruppensprünge mit automatischer Fallschirmöffnung. Die Teilnehmer werden befähigt, Kraftfahrzeuge entsprechend der Fahrzeugklasse C zu führen. Weiter enthält das Programm eine umfassende physische Erziehung und Ausbildung einschließlich Elementen der Judoausbildung und stellt hohe Anforderungen an Ausdauer, Gewandtheit, Beweglichkeit, Mut und die Fähigkeit, sich schnell zu orientieren. 21 Jährlich wurden ca. 260 künftige Fallschirmjäger ausgebildet. Während der Ausbildung sollten 12 Sprünge absolviert werden.

Aeroklub der DDR

Gegründet am 1. Juni 1956, war er die Dachorganisation für alle Flugund Fallschirmsportsektionen, die in der DDR in der Armeesportvereinigung „Vorwärts“ (ASV Cottbus, ASV Neubrandenburg), der Sportvereinigung „Dynamo“ sowie der GST bestanden. Er war seit 1960 Mitglied der Internationalen Flugsport-Föderation (FAI). Im Mai 1987 erfolgte die Auflösung des Aeroklubs der DDR.22 Der Aeroklub hatte eine Mitgliedsnadel und eine Ehrennadel mit Miniatur. Anlässlich des 15. Jahrestages des Flugsportes in der DDR wurde die Ehrennadel 1965 erstmals an 6 Kameraden verliehen. Bei den Ehrennadeln der ersten Form war ein silberfarbenes Flugzeug auf den Kranz aufgelegt, später war die Ehrennadel goldfarben und aus einem Stück. Die Ehrennadel wurde bis 1987 verliehen.

 

Aeroklub der DDR
(Mitgliedsabzeichen)

Quellen:

19 Gottfried Neis, Strausberg, Mitteilung an den Verfasser vom 24.01.2003
20 Dietrich Herfurth, Mit Taste und Antenne, in Funkamateur Nr. 7/88, Berlin 1988
21 NVA Kalender, Berlin 1988
22 Andreas Herbst, Winfried Ranke, Jürgen Winkler, So funktionierte die DDR, Band 1, Hamburg 1994

 

Aeroklub der DDR (Ehrennadeln)

Flug- und Fallschirmsportverband der DDR

Der Flug- und Fallschirmsportverband der DDR (FFSV), die Nachfolgeorganisation des Aeroklubs der DDR, wurde am 4. September 1987 als Dachorganisation für alle Flug- und Fallschirmsportler der DDR gegründet. Der Verband hatte ca. 5.300 Mitglieder und gehörte der GST an. Er übernahm alle Abzeichen, Leistungsabzeichen, Lizenzen und Auszeichnungen, die der Aeroklub bislang verliehen hatte. Neu waren ein Mitgliedsabzeichen des FFSV und eine dreistufige Ehrennadel (Bronze, Silber, Gold), die von 1987 bis 1990 verliehen wurden.23

 

Flug- und Fallschirmsportverband der DDR,
gesticktes Abzeichen für die
Nationalmannschaft
(1988 – 90)

 

 

Flug- und Fallschirmsportverband der DDR
(gesticktes Abzeichen für die Sportkleidung)

 

 

Flug- und Fallschirmsportverband der DDR (Mitgliedsabzeichen und Ehrennadeln)

Seit ca 1970 wurden im Flug- und Fallschirmsport gestickte Abzeichen der Klubs, Schulen, Grundorganisationen und Sektionen auf der Ausbildungsbekleidung getragen.

 

Abzeichen des Fallschirmclubs
(FSC)Eilenburg

Sportvereinigung Dynamo

Sportvereinigung des Ministeriums für Staatssicherheit, des Ministeriums des Innern und der Zollverwaltung der DDR. Vorsitzender war der Minister für Staatssicherheit, Erich Mielke. Neben der GST bestand nur in der SV Dynamo im Fallschirmclub Eilenburg die Möglichkeit zum Fallschirmspringen. Sportler der SV Dynamo nahmen auch an internationalen Wettkämpfen teil.

 

Gestickte Abzeichen der Klubs,
Schulen und Sektionen

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