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„Frieden in 24 Stunden“ oder gefährliche Eskalation? Wie Donald Trump den Ukrainekrieg beeinflussen könnte

2024-07-08 11:20
von Thomas

„Ich will, dass sie aufhören zu sterben!“

Donald Trump Versprechen sind mit Vorsicht zu genießen. Er schuf keine Alternative zu dem Atomabkommen mit dem Iran, konnte Nordkoreas Diktator Kim Jong-un nicht von seiner antiwestlichen Agenda abbringen und auch nicht die schwelende Migrationskrise in den USA beenden — alles Punkte, die der ehemalige Präsident mit wenigen Handstreichen abarbeiten wollte. Trotzdem darf die Wirkmächtigkeit des wohl umstrittensten US-Präsidenten des 21. Jahrhunderts nicht unterschätzt werden: Die Re-Industrialisierung der USA durch die Eindämmung des chinesischen Handelsüberschusses, die Annäherung Israels und Saudi-Arabiens und auch die Zerschlagung des IS-Kalifats gehören zu den wichtigsten geopolitischen Erfolgen des 45. POTUS.

Auf die Frage, ob er sich einen russischen oder ukrainischen Sieg wünsche, antwortete Trump: „Ich will, dass [die Ukrainer und Russen] aufhören zu sterben.“ Den Konflikt zu einem einvernehmlichen Ende zu bringen, sei sein großes Ziel, und er könne es im Falle einer Wiederwahl Trumps Frieden in der Ukraine binnen 24 Stunden erreichen. Doch was ist davon zu halten? Experten gehen derweil davon aus, dass Trumps Eingreifen in den Konflikt auch mit einer gefährlichen Eskalation enden könnte.

Trump an Kiews Seite: Eskalation statt Friedensbemühung?

Mehrfach bezeichnete Donald Trump die Ukraine als eine Last für die USA. Trump, der Wladimir Putin bewundert und sowohl NATO als auch EU kritisch gegenübersteht, könnte seinen Kritikern zufolge den russischen Einmarsch in das Land weitgehend dulden. Anlass zu dieser Unterstellung sind Aussagen Trumps, in denen er heftig gegen die NATO wetterte und drohte, die Unterstützung für Mitglieder auszusetzen, die ihre Beiträge nicht bezahlten. In anderen Aussagen stellte er gar den Austritt der USA aus der NATO in Aussicht. Doch selbst wenn Trump beides tatsächlich will und wiedergewählt wird, dürfte ein schneller Eingriff zugunsten Russlands im Ukrainekonflikt nicht so einfach sein.

Ein wesentlicher Bestandteil des Trump'schen Narrativs zielt darauf ab, jegliche Unterstützung der USA für andere Länder zu hinterfragen. Insbesondere wird Europa dabei unterstellt, selbst zu wenig für seine Sicherheit zu leisten und die USA für seine Probleme in die Pflicht zu nehmen — so etwa im Falle des Ukrainekriegs. Doch schon im Wahlkampf 2016 kritisierte Trump die Ukraine unablässig, während er die Beziehungen zur Russischen Föderation mindestens verbessern wollte. Davon blieb nach seinem Amtsantritt allerdings wenig.

So sandte er tödliche Waffen in die Ukraine, machte Russland keine Zugeständnisse in der Krim-Frage und förderte zumindest indirekt die NATO-Erweiterung durch die Aufnahme von Montenegro (2017) und Nordmazedonien (2020). Experten gehen deshalb davon aus, dass sich hinter den Tiraden Trumps gegen eine weitere US-Unterstützung für die Ukraine heiße Luft verbirgt, nicht aber eine tatsächliche politische Agenda.

Republikaner wollen Ukrainehilfen erhöhen

Denn auch wenn Trump die Unterstützung für Kiew ernsthaft aussetzen wollen würde, müsste er sich dazu gegen seine eigene Partei durchsetzen. Immer mehr Republikaner wollen die Ukrainehilfen erhöhen und einen russischen Vormarsch unterbinden. Auch erinnert man sich in Washington sehr gut an die rasche Übernahme Afghanistans durch die Taliban, als die Biden Administration den Abzug aus dem Land befahl — die abrupte Aussetzung der Waffenlieferungen in die Ukraine dürfte einen ähnlichen Kollaps bewirken, den man auch in isolationistischen Kreisen der USA verhindern möchte.

Das Wall Street Journal stellt die Vermutung auf, Trump wird den Krieg entweder weiterlaufen oder eskalieren lassen, ihn aber nicht binnen 24 Stunden beenden. Trump könnte aus Angst, für eine Niederlage der Ukraine im Westen abgestraft zu werden, die Waffenlieferungen aufrechterhalten und Kiew darüber hinaus mit Technik und Geld unterstützen. Polen, mit dem er innerhalb Europas noch die beste Beziehung pflegte, dürfte Trump ebenfalls zu einem stärkeren Engagement zugunsten der Ukraine bewegen wollen. Auch Mark Rutte, ab dem ersten Oktober 2024 Generalsekretär der NATO, dürfte Trump zu mehr militärischer Beihilfe bewegen wollen, wie es schon der amtierende Jens Stoltenberg es seinerzeit tat.

Trump: Erratisch, eitel und uneinsichtig

Mit seiner Losung, er würde den Ukrainekonflikt in nur 24 Stunden beenden, kann Trump nur falschliegen. Zu komplex ist der Konflikt, den der Politiker wie vorher die COVID-Krise, die Migrationskrise und die zahlreichen Zerwürfnisse im Nahen und Mittleren Osten nicht ohne Weiteres lösen können wird. Viel wahrscheinlicher ist, dass er sich von Amtskollegen, Verbündeten wie Polen und den baltischen Staaten, aber auch dem NATO-Generalsekretär Rutte zu mehr Engagement für die Ukraine bewegen lassen wird.

Dann stellt sich die Frage, ob Trump mit seinen erratischen und oft aggressiven Kommentaren den Krieg zusätzlich anheizen könnte. Schon seine Drohung, Nordkorea mit einer Mischung aus „Feuer und Wut“ anzugreifen, sorgte ihrerseits für weltweites Entsetzen. Um nicht als Verlierer des Krieges zu gelten, für den er als Präsident eine erzwungene Verantwortung tragen wird, dürfte er so manches Wagnis eingehen — und damit die Gefahr einer weiteren Eskalation des Konflikts erhöhen.

Eine etwaige Wahl Trumps im November dieses Jahres zum Präsidenten der USA dürfte einige disruptive Veränderungen der US-amerikanischen Innen- und Außenpolitik mit sich bringen. Doch es wäre verfehlt, dem Versprechen des Unternehmers von einem schnellen Kriegsende zuviel Glauben zu schenken. Sollte es nach Trump gehen, könnte sich dieser zu einem Flächenbrand ausweiten — und es ist auch Deutschlands Rolle, dieser Eskalation zuvorzukommen.

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