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GEHEIMDIENSTE - Das Gefühl der Unsicherheit

2024-10-16 12:46
von Thomas

Die Dämonisierung des Gegners ist wohl die älteste Form von Kriegspropaganda. Dazu gehört, dem »Feind« zu unterstellen, alle möglichen Verbrechen zu begehen, auch solche, die ihm bei näherer Betrachtung überhaupt keinen Nutzen bringen. Oder was soll der russische Staat davon haben, wenn zivile Frachtflugzeuge mit Paketbomben zum Absturz gebracht werden? Um »das Gefühl der Unsicherheit zu vermitteln«, wie es Martina Rosenberg, Präsidentin des Militärgeheimdienstes MAD, am Montag bei der jährlichen öffentlichen Anhörung vor dem parlamentarischen Gremium zur angeblichen Kontrolle der Geheimdienste behauptete? Das schaffen Bild und Co. mit ihren ständigen Geschichten von kriminellen Migranten auch ganz ohne Hilfe des Kremls.

Rosenberg und ihren Kollegen von Verfassungsschutz (VS) und Bundesnachrichtendienst (BND) ging es vermutlich eher darum, angesichts schwindender Bereitschaft in der Bevölkerung, den Aufrüstungskurs der Bundesregierung samt Geld- und Waffenlieferungen an die ukrainische Armee mitzutragen und dafür steigende Preise, sinkenden Lebensstandard und umfangreiche Kürzungen in Kauf zu nehmen, die Menschen noch einmal daran zu erinnern, wer hier eigentlich der Böse ist: Nämlich »der Russe«, der angeblich immer aggressiver vorgehe, wie es Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang formulierte.

Wie um den Aussagen der Geheimdienstchefs ein wenig mehr Glaubwürdigkeit zu verpassen, verkündete die Bundesanwaltschaft am Dienstag gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, die Karlsruher Behörde führe inzwischen die »Ermittlungen zu Paketsendungen, die im Juli während ihres Transports über das DHL-Frachtzentrum in Leipzig in Brand geraten sind«. Ein aus dem Baltikum verschicktes Paket soll im Sommer im DHL-Logistikzentrum am Leipziger Flughafen beim Umladen Feuer gefangen und einen Frachtcontainer in Brand gesetzt haben. Haldenwang zufolge sei das Flugzeug nur dank eines »glücklichen Zufalls« einem Absturz entgangen.

Der VS-Chef und die Präsidenten der beiden anderen Geheimdienste waren am Montag selbst bemüht, Unsicherheitsgefühle zu vermitteln: »Die russischen Streitkräfte sind wahrscheinlich spätestens ab Ende dieses Jahrzehnts personell und materiell in der Lage, einen Angriff gegen die NATO durchzuführen«, raunte etwa BND-Chef Bruno Kahl. Und: »Der Kreml sieht den Westen und damit auch Deutschland als Gegner«. Es blieb unerwähnt, dass »der Westen« und Deutschland nicht ganz unschuldig an dieser Wahrnehmung sind, blieb unerwähnt. Sowieso hatte der ganze Auftritt der drei Geheimdienstchefs vor dem Kontrollgremium vor allem die Absicht, das Bild des friedlichen, westlich-demokratischen »Gartens« zu zeichnen, der von einem feindseligen »Dschungel« umgeben ist, wie Josep Borrell in Brügge im Oktober 2022 formuliert hatte. Ob der »russische Angriffskrieg in der Ukraine«, »Aggressionen gegen Israel«, »geopolitische Herausforderungen durch China«, »Unruheherde« in Afrika, dazu der »wiedererstarkte« Islamismus: Überall lauert das Böse, das bekanntlich für sein Handeln keine Gründe hat und braucht.

Neben der Enthumanisierung des Gegners für künftige Kriege haben die entworfenen Bedrohungsszenarien auch einen ganz unmittelbaren Zweck: die Ausweitung von Überwachungsbefugnissen rechtfertigen. So sagte etwa MAD-Chefin Rosenberg mit Blick auf die geplanten Neuregelungen zur Kontrolle der Geheimdienste, sie hoffe auf »eine Realitätsanpassung, die uns die Möglichkeiten und Fähigkeiten einräumt, unseren gesetzlichen Auftrag bestmöglich erledigen zu können«. Und der BND-Chef wünschte sich »mehr operative Beinfreiheit.«

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