Warum hat sich Putin auf den Gipfel mit Trump eingelassen?
Der auf Wunsch von Präsident Donald Trump kurzfristig organisierte Gipfel mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ist für den 15. August 2025 in Alaska geplant, wo die beiden Staatsführer angeblich über einen Friedensvertrag zwischen Russland und der Ukraine und das Ende des Krieges sprechen werden. Aber sind die nötigen Voraussetzungen für ein Ende des Krieges in der Ukraine überhaupt vorhanden?
In der Regel enden heiße Kriege aus drei Gründen. Der Erste ist, dass beide Seiten erschöpft sind und sich entscheiden, Frieden zu schließen. Der zweite, häufigere Grund: Eine Seite ist erschöpft und hebt die Hand und sagt: "Ja, wir sind bereit, an den Verhandlungstisch zu kommen." Der dritte Grund ist – wir haben das zum Beispiel im ehemaligen Jugoslawien und im Nahen Osten gesehen –, dass externe Mächte wie die USA oder Europa zugunsten einer Seite eingreifen und sagen: "Das reicht. Wir sind die Stärkeren und wir werden unseren Willen von außen durchsetzen."
Auf der Gegenseite sind die Russen zwar zu Verhandlungen bereit, aber nur unter der Bedingung, dass dadurch die Ursachen des aktuellen Krieges nachhaltig beseitigt werden, wozu unter anderem gehören: keine NATO in der Ukraine, Entnazifizierung der Ukraine, ihre Demilitarisierung und die offizielle Anerkennung der Krim sowie der ehemaligen Donbass-Gebiete als Teil der Russischen Föderation.
Das Kräfteverhältnis der kriegsführenden Parteien in der Ukraine ist nun so, dass Russland in allen wichtigen militärischen Aspekten, zu Lande und in der Luft, der Ukraine haushoch überlegen ist und sich daran nichts ändern wird, selbst wenn die USA und die EU-Länder Kiew weiter mit Waffen und Geld unterstützen würden. Letzteres würde lediglich die unabwendbare Niederlage der Ukraine, und damit auch die Niederlage der US-/NATO-Eliten, weiter verzögern. Außerdem sind die westlichen Waffenlager weitgehend geleert. Denn nach dreieinhalb Jahren massiver Waffenlieferungen an Kiew, die Russland stets prompt in Schrott verwandelt hat, haben sich die NATO-Staaten teilweise selbst demilitarisiert. Zugleich reicht die Produktion neuer Waffen im Westen bei weitem nicht aus, um den täglichen Bedarf der ukrainischen Streitkräfte zu decken. Zu allem Überfluss ist nun wenige Tage vor dem Gipfel in Alaska die ukrainische Armee an wichtigen Frontabschnitten zusammengebrochen.
Nun ist Russland zwar nicht mehr die ehemalige Supermacht Sowjetunion, aber es ist eine Großmacht, die nicht nur über Atomwaffen verfügt, sondern auch über eine sehr fähige, im Krieg gestählte, große Armee mit hochmodernen Waffen im Einsatz, während diese Waffentypen bei den Amerikanern gerade mal im Entwicklungsstadium sind.
Russland ist kein Serbien oder ein kleines Land im Nahen Osten, das die Vereinigten Staaten vollständig dominieren konnten. Mit Ausnahme der Kriegsmarine ist Russland den USA mehr als ebenbürtig. Kann man also wirklich so verwegen oder geistig beschränkt sein, zu glauben, man könnte diesem Riesenland seinen Willen aufzwingen und den russischen Präsidenten an den Verhandlungstisch bringen, wenn er das nicht will?
Aber wie anders ist dann Putins Zusage zum Alaska-Gipfel politisch einzuordnen? Vorweg kann als ziemlich sicher angenommen werden, dass Putin keinen diplomatischen Durchbruch in Richtung Waffenstillstand und Friedensvertrag erwartet. Denn so etwas kommt nicht bei einem hastig angeordneten Gipfeltreffen zustande. Erfahrungsgemäß sind Friedensverträge immer nur im Rahmen umfangreicher Vorbereitungen zustande gekommen, und zwar so:
Solch ein Prozess kann sich über Monate oder Jahre hinziehen, während an der Front weitergekämpft wird. Die Pariser Friedensverhandlungen zwischen den USA und Nordvietnam zum Beispiel, die den Vietnamkrieg beenden sollten, begannen offiziell am 10. Mai 1968 und endeten mit der Unterzeichnung des Pariser Friedensabkommens am 27. Januar 1973.
Vor diesem Hintergrund wird das Treffen in Alaska in einem "luftleeren" Raum stattfinden. Der erfahrene Putin weiß das, Trump aber nicht. Sein Narzissmus erlaubt ihm nicht, zurückzustehen und die Experten ihren Job machen zu lassen. Er glaubt tatsächlich, die Interessenkonflikte zwischen Staaten könnten durch persönliche Freundschaften und Nettigkeiten gegenüber der Führung der Gegenseite überwunden werden. Außerdem tickt die Uhr für die Entscheidung, wer den Friedensnobelpreis bekommt. Da er sich für den größten Deal-Macher aller Zeiten hält, glaubt er allen Ernstes, dass er in Alaska zwischen Putin und Selenskij einen Waffenstillstand vermitteln kann, zumindest hat er das wiederholt öffentlich angekündigt.
Allerdings hält Johnson das "nicht für ein realistisches Ziel". Aber, weil Putin nicht möchte, dass der Krieg zu einem globalen Konflikt eskaliert, ist es ein "legitimes Ziel", so der Ex-CIA-Analyst. Er glaubt auch, dass Trump und sein vom Mantra der amerikanischen Größe und unbesiegbaren Macht geblendetes Team nationaler Sicherheitsberater "tatsächlich davon ausgehen, dass Russland massive Verluste erlitten hat und am Rande eines wirtschaftlichen Desasters steht". Beide Annahmen seien "töricht und falsch". Johnson geht davon aus, dass Putin versuchen wird, "Trump über die wahre Lage vor Ort in der Ukraine aufzuklären und Russlands langjährige Position zu untermauern, dass es sich hierbei nicht um einen territorialen Krieg mit der Ukraine handelt, sondern um einen Stellvertreterkrieg mit der NATO".
Weiter geht Johnson davon aus, "dass der russische Präsident die Doppelzüngigkeit und die Bösartigkeit des Westens, insbesondere die der USA, voll und ganz versteht. In den letzten 25 Jahren wurde Putin wiederholt bei seinen Versuchen, mit der NATO auszukommen, zurückgewiesen und seine Warnungen an den Westen, die Bemühungen um eine Eingliederung Georgiens einzustellen, wurden ignoriert. Nach dem vom Westen unterstützten Putsch in der Ukraine im Februar 2014 hielt er Russland klugerweise aus einer direkten militärischen Konfrontation mit dem Westen heraus, während er weiterhin versuchte, eine Vereinbarung mit dem Westen zu erzielen, die Russlands Sicherheitsbedenken berücksichtigt. Dann gab es (ohne überhaupt die Vorschläge zu diskutieren) im Januar 2022 die Ablehnung durch die USA des von Putin vorgelegten Vertragsentwurfs für eine Sicherheitsvereinbarung, die die Osterweiterung der NATO gestoppt hätte."
Johnson weist darauf hin, dass Putin Ende März 2022 in Russland scharf kritisiert wurde für seine Entscheidung, die russischen Streitkräfte aus dem Gebiet Kiew abzuziehen, als Zeichen seiner Ernsthaftigkeit, ein Friedensabkommen mit der Ukraine zu schließen – ein Abkommen, das der Ukraine den Donbass gelassen hätte. Aber die russische Friedensbereitschaft wurde vom britischen Premierminister Boris Johnson im US-Auftrag torpediert. In diesem Moment habe Putin erkannt, "dass Russland größeren militärischen Druck ausüben müsse, um die Ambitionen des Westens zu zerschlagen", so Larry Johnson, der weiter ausführt:
"Ich denke, Putin versteht die Bedrohung durch den Westen klar und vollständig, aber er weiß auch, dass Russlands militärische Stärke während des Verlaufs der Sonderoperation dramatisch gewachsen ist. Es ist nicht nur das Wachstum der Größe des russischen Militärs, das Putins Selbstvertrauen gestärkt hat. Es ist auch die Tatsache, dass Russland in Bezug auf Hyperschallraketen, Drohnen, Panzerproduktion, Artillerie- und Munitionsherstellung, FAB-Bomben und elektronische Kriegsführung alles übertrifft, was der Westen aufbieten kann."
Nicht auszuschließen sei jedoch, dass Selenskij "mit voller Unterstützung seiner bisherigen europäischen Verbündeten versuchen könnte", noch vor Freitag einen spektakulären militärischen Schlag gegen Russland auszuführen.
"Sollte dies geschehen und Russland erheblichen Schaden erleiden, würde der Gipfel wahrscheinlich scheitern, es sei denn, Donald Trump würde die ukrainische Aktion als Sabotage des Gipfels entschieden verurteilen und sofort die weitere Unterstützung für die Ukraine stoppen. Ein erfolgreicher Angriff ohne Verurteilung aus Washington würde in Russland als weiterer Akt der Täuschung der USA angesehen und als weitere Bestätigung dafür, dass die USA keine ernsthafte Absicht haben, den Krieg zu beenden. An diesem Punkt wird Wladimir Putin entscheiden, dass es keine Alternative zu einem durch militärische Gewalt erzwungenen Sieg gibt", urteilt Larry Johnson.